Reykjavik ist nicht nur die nördlichste, sondern dank ihrer Energieversorgung durch Erdwärme auch die nachhaltigste Hauptstadt Europas. Wir haben nachgesehen, was hier außer heißen Quellen noch so köchelt.
Ausgewählte Texte aus dem City Guide
Ein Naturliebhaber besucht mit uns die schönsten Orte seiner Heimat.
Ursprünglich war Valdimar Harðarson Steffensen Architekt, aber nach der Krise im Jahr 2008 blieben die Aufträge aus und er beschloss umzusatteln. Als großer Naturliebhaber hatte er schon früher Touren geleitet. Nun, da er sich mit dieser Idee selbstständig gemacht hatte, wollte er den Aspekt der Umweltverträglichkeit mit in sein Geschäftsmodell einfließen lassen. Aus diesem Grund rüstete er den Jeep, der bei den sehr persönlichen und in kleinen Gruppen durchgeführten Touren als Fortbewegungsmittel dient, auf Methangasbetrieb um. Valdimar hat sehr viel über seine Heimat zu erzählen, und so vergehen die Stunden, die wir mit ihm durch die spektakuläre Umgebung von Reykjavik fahren, wie im Flug. Er zeigt uns kochende Schlammpools, schwarze Vulkanstrände, zerklüftete Klippen. Und wird selbst immer noch ganz still und andächtig angesichts der rauen Naturschönheit.
Ein ausgedehntes Bad in einer der vielen heißen Quellen zu nehmen ist wohl das Angenehmste, was man in einem eiskalten isländischen Winter tun kann.
Und die schönste der heißen Quellen ist unumstritten die ‚Blaue Lagune‘. Milchiges, hellblaues Seewasser füllt ein 800 Jahre altes Lavafeld. Angereichert mit Kieselerde, Algen und Mineralien, die für die wunderbare Färbung verantwortlich sind, kommt das durch die Erdwärme in 2000 Metern Tiefe aufgeheizte Wasser dampfend an die Oberfläche. Eine Szenerie, die ihresgleichen sucht und das Thermalfreibad auf der Reykjanes-Halbinsel zum buchstäblichen Hotspot macht. Dennoch ist es nicht nur dieses spektakuläre Naturschauspiel, das viele Menschen anzieht, dem Wasser werden zudem heilende Kräfte zugeschrieben. Entdeckt wurden diese in den 1980er Jahren und eher durch Zufall: Besucher, die an Schuppenflechte litten, erlebten nach dem Bad in der Lagune eine deutliche Verbesserung ihrer Beschwerden. Seither gilt die Zusammensetzung des Wassers als lindernd und Mitte der 1990er Jahre wurde sogar eine Kosmetiklinie auf deren Basis ins Leben gerufen. Welchen Effekt das Eintauchen in die Blue Lagoon auf das eigene Wohlbefinden hat, sollte man am besten selbst erkunden. Kieselerde- und Algenmasken, die während des Bades einwirken, gehören hier ebenso zum gebotenen Wohlfühlprogramm wie Dampfbäder, Saunagänge und im Wasser treibend genossene Massagen. Der Anblick der von Lava, Licht, Moos und Dampf beherrschten Szenerie tut sein Übriges. Nach einiger Zeit in der badewannenwarmen Lagune sind wir bis in die letzte Extremität durchgewärmt und tiefenentspannt und kehren in die 50 Autominuten entfernte Stadt zurück.
Die Kälte macht Lust auf Süßes – da gibt es Abhilfe.
Zwei süßhungrige Männer – eine Idee. Von der Bohne bis zur Tafel wollen Oskar Pordarson und Kjartan Gislason, die Gründer von Omnom, ihre Schokoladenproduktion kontrollieren. Daher wählen sie ihre Zulieferer mit großer Sorgfalt und recherchieren lange, bevor sie einen Auftrag vergeben. Und sie treffen die Menschen, mit denen sie zusammenarbeiten, reisen nach Madagaskar und Tansania, um sich über Anbau und Ernte zu informieren.
Frischer geht es nicht. Vom Herd aus sieht man die Boote kommen.
Thorir Bergsson ist ein Frischfisch-Enthusiast, darum hat der leidenschaftliche Koch sein zweites Restaurant direkt im Hafen von Reykjavik eröffnet. Ocean Cluster House heißt das Gebäude, in dessen erster Etage eine ganze Reihe von nachhaltigen und konventionellen Fischereibetrieben ihre Büros haben. Dort ist nun auch Thorir mit seinem Mittagslokal angesiedelt. Quasi vom Herd aus kann er sehen, wie die Fischereiboote in den Hafen einlaufen – und bekommt die Fische und Meeresfrüchte, die er in seinem Lokal nebst viel frischem Gemüse und selbst gebackenem Brot anbietet, auf kürzestem Weg geliefert. Wir kosten den in einem Sesammantel gebratenen Steinbutt, der mit nordafrikanisch anmutendem Couscous, Salat und Sauerteigbrot serviert wird, und lassen den Blick über den Hafen, die Konzerthalle Harpa bis hin zum architektonischen Wahrzeichen der Stadt, der Hallgrímskirkja schweifen. Von Ferne grüßen die schneebedeckten Berge. Wir werden mit Sicherheit wiederkommen. Am liebsten im Winter.
Fotos: Thekla Ehling
Werde Magazin
Ausgabe 4/2016